Lebensgemeinschaften für Menschen
mit und ohne geistige Behinderungen

Erik Feustel war in der Arche Preston in Nordengland

Akzeptiert werden in seinen Schwächen und Stärken

Erik Feustel war von 2012 bis 2016 in der Arche Preston in Nordengland. Hier gibt er einen sehr persönlichen Bericht über seine Erlebnisse und die Entwicklungen, die dort bei ihm angestoßen wurden.

 

Meine Zeit in der Arche ist nicht einfach zusammenzufassen. Vier Jahre sind eine lange Zeit. Aber wenn ich es versuche, fällt mir ein Wort ein: Akzeptanz. Ich wurde in so vielen Dingen akzeptiert und konnte wachsen.

 

Akzeptiert in meinen Schwächen

Die härteste Lektion lernte ich in meinem ersten Jahr in der Arche: Ich musste akzeptieren, dass ich auch Schwächen habe. Es gab einfach Dinge, die ich nicht so gut konnte wie andere; Dinge, die auch nicht zu meiner Persönlichkeit passen. Das zu akzeptieren war sehr schwer. Vor allem, weil mir vorher noch niemand aufgezeigt hatte, was ich nicht kann.

Als frisch gebackener Abiturient wollte ich etwas bewegen. Die Ernüchterung kam bald. Es fiel mir nicht leicht, mich auf die Eigenarten mancher Coremembers (die englische Bezeichnung für die Bewohnerinnen und Bewohner) einzulassen. Insbesondere in einer anderen Sprache war das wirklich herausfordernd.

Zunächst versuchte ich, andere Freiwillige nachzuahmen. Ich schaute mir ab, wie sie mit schwierigen Situationen umgingen, aber das wurde nicht akzeptiert. Ich musste lernen, ich selbst zu sein: so wie ich bin, auch mit meinen Schwächen. Mir wurde klar, dass es wichtig ist, sich diese einzugestehen und zu merken, dass man genau so akzeptiert ist – auch wenn man vielleicht kein selbstironischer Engländer ist, sondern ein ordnungsliebender, ernster Deutscher. Diese Erkenntnis hat bei mir etwas länger gedauert, aber sie war sehr wichtig: akzeptiert zu werden mit meinen Schwächen, die vielleicht gar nicht so schlimm sind, wenn man sie kennt – denn die Coremembers haben sie ohnehin schon längst erkannt.

 

Akzeptiert in meinen Stärken

Akzeptanz, Unterstützung und Bestätigung durfte ich aber auch in jenen Dingen erfahren, die ich gut kann. Schnell wurde mir viel Verantwortung übergeben – wie es vermutlich oft vorkommt, wenn es nicht genügend Freiwillige gibt. Zuerst musste ich schlucken, denn ich hatte nicht erwartet, als Freiwilliger so viel Verantwortung zu tragen. Aber weil mir die Coremembers, die anderen Freiwilligen sowie der Gemeinschaftsleiter großes Vertrauen entgegenbrachten, konnte auch ich  Vertrauen zu mir selbst gewinnen.

Das gab mir den Mut, nach dem ersten Jahr länger in der Arche zu bleiben. Ich wurde stellvertretender Hausleiter und erwarb sogar eine englische Pflegequalifikation. Eigentlich hatte ich Maschinenbau studieren wollen. Aber durch die Coremembers war mir bewusst geworden, dass ich lieber mit Menschen als mit Maschinen arbeiten möchte.

 

Akzeptiert von Jesus

Allmählich merkte ich, dass ich all die Liebe, Akzeptanz und Gemeinschaft, die ich erfahren hatte, zurückgeben konnte. Ich hatte

 

 

in den Menschen, von denen ich dachte, sie hätten nichts, wahre Freunde gefunden. Aber woher nahmen sie diese Freude, diese Kraft und diese Liebe? Ich kam ins Nachdenken.

Die Kraft kam nicht aus den Dingen, die mir Kraft gaben: Autos, Freundinnen, Partys (nicht die Art von Partys in der Arche). Es musste etwas Größeres geben. Etwas, das die Coremembers mir geben konnten. Etwas, das größer war als die Hilfe, die ich ihnen gab.

Nach einer Weile, nach vielen Büchern und Gesprächen stellte ich fest: Ich bin akzeptiert von Gott! Er akzeptiert uns so wie wir sind. Wir können zu ihm kommen, weil er den Weg bereitet hat, indem er am Kreuz für uns gestorben ist. Diese Akzeptanz hat mich wahrhaftig frei gemacht zu dienen. Jetzt hatte ich diese Kraft gefunden, die die Coremembers mehr oder weniger bewusst ausstrahlten.

 

Dankbarkeit

Die Arche hat mich sehr verändert. Nur mit schwerem Herzen fasste ich den Entschluss, zumindest vorübergehend Abschied zu nehmen und Psychologie zu studieren, um Menschen mit geistigen Behinderungen besser dienen zu können. Vielleicht wird mich mein Weg wieder zurück zur Arche führen – bis jetzt ist das noch immer das Ziel.

Ich habe aus meinen Jahren in der Arche viel mitgenommen: die Kenntnis meiner Stärken und Schwächen, zudem Jesus Christus, die Quelle allen Lebens. Und ich habe dort sogar meine Frau kennengelernt. Wir haben kurz nach unserer Zeit in der Arche geheiratet.

Ich kann nicht beschreiben, wie dankbar ich bin, dass mich die Coremembers und die anderen in der Arche so sehr akzeptiert haben, obwohl es bestimmt nicht immer einfach mit mir war.

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