Lebensgemeinschaften für Menschen
mit und ohne geistige Behinderungen

Bianca Berger war in der Arche Asansol/Indien, zuerst als Freiwillige, später als Gemeinschaftsleiterin

Einfach (willkommen) sein

Bianca Berger ist seit 2017 Leiterin der Arche-Gemeinschaft in Landsberg am Lech. Zuvor hat sie reichlich Erfahrung mit dem Leben in der Arche gesammelt, an mehreren Orten und in unterschiedlichen Funktionen. Hier berichtet sie über ihre Erfahrungen in der Arche-Gemeinschaft Asansol in Indien in den Jahren 2010/11 sowie 2014-16.

Da ich aktuell für die Arche Deutschland arbeite, bin ich eigentlich keine „richtige“ Ehemalige. Aber ich möchte in diesem Beitrag auf meine Zeit in der Arche Asansol in Indien zurückblicken. Dort habe ich 2010/11 zunächst einen weltwärts-Freiwilligendienst abgeleistet und war dann von 2014 bis 2016 Gemeinschaftsleitung. Insgesamt sind es gut drei Jahre, die ich im indischen Bundesstaat West Bengalen gelebt und gearbeitet habe. Diese Jahre waren sehr intensiv für mich, lebendig, anstrengend und sinnstiftend. Während meiner Zeit in der Arche Asansol sind bleibende Beziehungen gewachsen, die wir bis heute wechselseitig pflegen – sowohl durch meine jährlichen Besuche vor Ort als auch in Form von regelmäßigem Austausch per Skype, E-Mails, Begleitungen, Fortbildungen und Beratungen.

 

Die Arche Asansol – der Ort meiner persönlichen Entfaltung

Asansol ist die jüngste und kleinste Gemeinschaft in Indien, in der zurzeit neun Jugendliche und junge Männer leben. Zu meinen Zeiten dort waren das noch eher Jungs und jüngere Jugendliche. Bis auf eine Ausnahme leben alle Assistent/-innen mit im Gemeinschaftshaus und teilen sich sogar ihre Zimmer mit den jungen Männern. Es gibt je eine Tagesförderstätte für Kinder und Jugendliche sowie für Erwachsene. Und zwei Werkstätten: den großen Garten – heute mit Ziegen, damals hatten wir eine Kuh – sowie eine gestalterische Werkstatt.

Hinduismus ist die Hauptreligion in Indien, aber es gibt eine – meist – friedliche Koexistenz mit vielen anderen Religionen. In Asansol habe ich nicht nur meinen persönlichen Zugang zur Spiritualität gefunden, welcher mich bis heute in seiner offenen und interreligiösen Dimension als Agnostikerin trägt. Auch habe ich dort nach Beendigung meines Heilpädagogik-Studiums erstmals meine Leitungskompetenzen richtig entdecken, testen und aufbauen können. Schon während meines Freiwilligendienstes hatte ich meine erste Bezugsassistenz und für mehr als ein halbes Jahr die Leitung der Tagesförderstätte inne. Als Gemeinschaftsleitung galt es dann, ein neues Team zu bilden, die Tagesprogramme wieder zu eröffnen, Fortbildungen zu geben und die Gemeinschaft als Einrichtung zu registrieren.

 

Manch Schatten und viel, viel Licht

All das war für mich als junge Frau in einer patriarchalischen Gesellschaft, die streng zwischen den Geschlechtern trennt, gar nicht so leicht. Auch an den langsamen Ämtermühlen konnte ich schonmal verzweifeln, ebenso wie an der weitverbreiteten Armut und Not, die mir begegnet sind. Ich erlebte teilweise große Einsamkeit – bedingt nicht nur durch meine Rolle, sondern auch durch mein Frausein.

Doch am meisten beeindruckt haben mich die vielen, vielen positiven Erlebnisse, die wir miteinander geteilt haben:

  • Wie sehr ich als ich selbst mit meinen Schwächen und Stärken sowie als Fremde willkommen geheißen und akzeptiert worden bin.
  • Wie der kleine Barnabas mich mittags aus dem Büro abholte, wenn ich mal wieder die Mittagessenszeit verpasst hatte.
  • Wie mein Bezugsbewohner Joyanto mir vertraut und sich von mir im wörtlichen und übertragenen Sinne hat tragen lassen.
  • Mit welcher Tiefe und Schönheit religiöse und auch nationale Festtage begangen wurden.
  • Wie sehr jede/r einzelne allein in meiner Zeit dort gewachsen ist und sich weiterentwickelt hat.

 

Arche-typisch ist für mich, willkommen zu sein

Bis heute ist dieses Zusehen bei und Beitragen zum persönlichen wie auch zum Gemeinschafts-Wachstum das schönste an meinem Leben und Arbeiten in der Arche. Das macht für mich das Arche-typische aus, was ich zuerst in Indien erlebt habe: die wechselseitigen 

 

Beziehungen. Arche-typisch ist für mich, willkommen zu sein, die Gastfreundlichkeit, die ich gewähre. Die Arche ist für mich ein Ort, wo wir miteinander etwas tun oder einfach nur miteinander sind, ohne uns verstellen zu müssen. Wo im Verwaltungs- und Notwendigkeits-Alltag Zeit bleibt, miteinander zu feiern, miteinander zu reden oder in Stille zu sitzen. Ein Ort wo etwas, das größer und mehr ist als wir, einen Platz hat – sei es Internationalität und / oder Spiritualität.

2015 haben mir Rajeevan (der damalige Leiter der Arche Indien) und Tobias (damals wie heute zuständig für Human Resources in der Internationalen Arche) die Frage gestellt, ob ich in der Arche weiter machen will und wenn ja, wo. Zufallsbegegnungen mit Gemeinschaftsleitungen der Arche Deutschland und Österreich haben mich als Hausleitung und Hausassistentin im Januar 2017 nach Landsberg geführt, wo ich seit August 2017 die Gemeinschaftsleitung innehabe.

Ich bin von einem wunderbaren Team, Vorstand und Mitbewohner/-innen umgeben. In Landsberg inzwischen fest verwurzelt zu sein und meine „Äste“ immer noch in internationale Gefilde ausstrecken zu können, ist ein großes Geschenk!

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